18. Januar 2015
Wie werden wir Christen? Wie kommen wir dazu, an Jesus zu glauben? Die meisten von uns durch Erziehung, von Klein auf, hauptsächlich durch die Familie also. Aber das allein genügt nicht: Es muss auch zu einer persönlichen Entscheidung, als erwachsener Mensch, kommen. Darüber redet der Evangelist Johannes durch die Erzählung, die wir gerade gehört haben.
Erstens fällt da auf: Andere müssen uns auf Jesus aufmerksam machen: Johannes der Täufer weist zwei von seinen Jüngern (Andreas und einen zweiten, der nicht mit Namen genannt wird) auf Jesus hin. Andreas führt dann später seinen Bruder Petrus zu Jesus. Zum Glauben an Jesus kommen wir durch andere.
Aber das geht nicht automatisch. Es setzt bei uns einiges voraus. Die zwei Jünger von Johannes hören, dass dieser Jesus etwas mit Gott zu tun hat („Lamm Gottes“) und deswegen entsteht in ihnen ein Bedürfnis, Jesus besser kennenzulernen. Sie nennen ihn „Rabbi“, Meister. D.h. sie sind der Meinung: Dieser Mann hat uns etwas Wichtiges zu sagen! Sie werden aktiv, sie gehen Jesus nach. Das ist wohl die Grundvoraussetzung: Eine Sehnsucht nach Gott, das Bedürfnis nach Gottes Nähe in sich zu spüren. Die Jünger, die hinter Jesus hergehen, sind nicht zufällig am Jordan und bei Johannes dem Täufer. Es sind Menschen auf der Suche. Wer nicht sucht, wer nicht ringt, wer nicht von innen heraus etwas anstrebt, der wird Jesus nicht folgen.
Und auf die Frage von Jesus, was sie wollen, antworten sie: „Wo wohnst du?“ Das ist nicht einfach eine Frage nach seiner Adresse. Sie wollen erfahren, wo sein Zuhause ist und ihn so besser kennenlernen.
Das erinnert mich an einen Vortrag für Verlobte, wo der Referent zu den jungen Leuten sagte: „Wenn du deinen Freund/deine Freundin wirklich kennenlernen willst, dann besuche ihn/sie zu Hause und beobachte, wie er/sie sich dort - in vertrauter Umgebung, in der Familie - benimmt. Dann lernst du ihn/sie erst wirklich kennen und verstehen, was für ein Mensch er/sie ist.“
„Kommt und seht!“, lädt Jesus diese Menschen ein. Er will ihnen nicht irgendwelche Weisheiten oder eine abstrakte Lehre vermitteln. Sie sollen sich selber ein Bild machen, sich einfach einmal mit ihm einlassen, mit ihm vertraut werden. Sie sollen erfahren, was ihn be-wegt und was ihm wichtig ist. Sie sollen die Erfahrung machen, ob sie sich mit und bei Jesus zuhause fühlen. Nur wenn sie Zeit mit ihm verbringen – womöglich einen ganzen langen Tag –, kommen sie durch die Beziehung mit ihm ihren eigenen Lebensfragen näher.
Als Christ muss ich mit Jesus vertraut werden, mich wirklich mit ihm beschäftigen und nicht stehen bleiben bei einigen sachlichen Informationen oder oberflächliches Wissen über ihn.
Jesus hat die beiden beeindruckt in dem, was er glaubt, was er sagt, wie er es sagt. Sie haben erlebt, was für ihn wichtig und auch un-wichtig ist. Sie haben gespürt: Da ist mehr als das, was wir alltäg-lich und überall hören. Diese Begegnung hat sie überzeugt: Es lohnt sich, mit diesem Jesus sein Leben zu teilen.
Ja, mehr noch: Andreas ist so von Jesus begeistert, dass er seinen Bruder Petrus motiviert, auch zu Jesus zu gehen. Es findet doch niemand seinen Weg zu Jesus aus sich selbst, sondern ist auf Ver-mittlung angewiesen. Die persönliche Begegnung mit Jesus verdan-ken wir Generationen von Christen, die ihre Erfahrungen mit Jesus mitgeteilt und selbst durch andere zu Jesus gefunden haben.
Christsein bedeutet auch heute: Jesus suchen, Schritte zu ihm zu machen (in Gesprächen mit anderen, in Bibellesen, in Bibelrunden, in Besinnung), auf ihn hören, das eigene Handeln an ihm orientieren (= nachfolgen), ihn so tiefer erkennen, in der Beziehung zu ihm bleiben und andere auf ihn hinweisen. Das will Johannes uns deut-lich machen. Und dazu will er uns auch einladen.